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JOHAN BOTHA GESTORBEN

(English version below)

Heute in den frühen Morgenstunden hat Johan Botha den Kampf gegen seine schwere Krankheit endgültig verloren.

 

Seit genau 23 Jahren haben wir mit Johan Botha zusammen gearbeitet. Sein Tod bedeutet nicht nur den Verlust eines unersetzlichen Künstlers, sondern ist vor allem für uns menschlich ein kaum zu beschreibender Verlust.

 

Elisabetta und Wolfgang Hartl, Judith Seidl, Gabriele Trombitas, Benno Schaller und Raphaela Hödl im Namen aller Künstler und Mitarbeiter.

 

 

 

Michael Lewin zum Ableben von Johan Botha:

 

Er studierte in seinem geliebten Geburtsland Südafrika Gesang und ergriff durch die Vermittlung von Norbert Balatsch, dem früheren Chordirektor der Wiener Staatsoper und der Bayreuther Festspiele, die Gelegenheit nach Europa zu kommen, wo seine Karriere im Dezember 1990 als Gustavo in Verdis Maskenball auf der Bühne des Opernhauses in Kaiserslautern ihren Beginn nahm. Sein Weg führte dann weiter über Hagen nach Bonn. 1993 übernahm er kurzfristig eine Premiere von Madama Butterfly an der Opéra Bastille, was zu seinem sofortigen  internationalen Durchbruch führte. Noch im gleichen Jahr debütierte er an der Komischen Oper in Berlin, 1994 auch in Berlin an der Staatsoper und in Wien  - zuerst als Rodolfo in La Bohéme an der Volksoper (der er mit wichtigen Premieren in der Ära von Klaus Bachler eng verbunden blieb), 1995 in Covent Garden (Cavaradossi),  1996 an der Mailänder Scala (Pinkerton) und an der Wiener Staatsoper (Cavaradossi), 1997 an der Metropolitan Opera New York (Canio).

 

Johan Botha sang bis zum frühen Ende seiner Karriere regelmäßig an allen bedeutenden Bühnen, Konzertpodien und Festivals der Welt und arbeitete mit allen wichtigen Dirigenten unserer Epoche: Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Pierre Boulez, Semyon Bychkov, Riccardo Chailly,  Christoph von Dohnányi, Bertrand de Billy,  Daniele Gatti, Philippe Jordan, James Levine, Fabio Luisi, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Seiji Ozawa, Kirill Petrenko, Antonio Pappano, Giuseppe Sinopoli, Georg Solti, Christian Thielemann, Sebastian Weigle, Franz Welser-Möst, Simone Young, u.a.

 

Mit einigen verband ihn eine seine ganze Karriere andauernde Arbeitsbeziehung wie mit Simone Young, die fast alle seine großen Debüts wie in Wien, New York oder London leitete, sowie mit James Levine, Daniel Barenboim, Semyon Bychkov und Bertrand de Billy und in späteren Jahren dann auch mit Christian Thielemann und Kirill Petrenko.

 

Unter den bedeutenden Regisseuren mit denen er arbeitete, war es besonders Christine Mielitz der er sich Zeit seines Lebens besonders verbunden fühlte.

 

Wiewohl er seinen ganzen künstlerischen Weg hindurch trachtete an allen bedeutenden Bühnen immer wieder präsent zu sein war seine Beziehung zur Metropolitan Opera in New York, insbesondere durch seine enge künstlerische Verbindung mit James Levine, sehr wichtig.

 

Seine künstlerische Heimat war aber unbestritten Wien und die Wiener Staatsoper. In der Ära von Ioan Holender war er eine der Säulen des Hauses. Hier sang er nicht weniger als acht Neuproduktionen: I Vespri Siciliani (1998), Die Frau ohne  Schatten (1999), Parsifal (2004),  Daphne (2004), Lohengrin (2005), Otello (2006), Die Walküre (2007), Tannhäuser (2010). Alle Premieren außer Lohengrin waren Rollendebüts.

Weiters konnte man ihn in Wien zwischen 1996 und 2015 an der Wiener Staatsoper n folgenden Rollen erleben:

Cavaradossi (Debüt am 20.2.1996), Radames, Andrea Chénier, Turiddu und Canio, Erik, Walther von Stolzing, Don Carlo, Florestan und Calaf. Zwei Mal trat er als Überraschungsgast auf: einmal bei einer Silvesterfledermaus (2007) und als Sänger im Rosenkavalier (2005).

Abgesehen von seinem bereits erwähnten Debüt mit La Bohéme konnte man ihn an der Volksoper in den Premieren Das Land des Lächelns (1996), Norma (1997) und Die Meistersinger von Nürnberg (1998) erleben.

Auch im Theater an der Wien (Ariadne auf Naxos) und selbstverständlich im Wiener Musikverein und
Wiener Konzerthaus war Johan Botha ebenso regelmäßig zu Gast.

Er wirkte beim  Festkonzert anlässlich der 50jährigen Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper (5.11.2005) und bei der Abschiedsgala für Ioan Holender im Juni 2010 mit. Darüber hinaus war er zwei Mal bei Gedenkkonzerten für Gustav Mahler (1998 und 2000) unter Giuseppe Sinopoli bzw. Lorin Maazel zu hören.

Über 220 Mal trat er an der Wiener Staatsoper auf. Im Jahre 1998 nahm er gemeinsam mit seiner Familie die österreichische Staatsbürgerschaft an. 2003 wurde er  zum jüngsten österreichischen Kammersänger ernannt. Im Frühjahr 2016 erreichte ihn noch im Spital die Nachricht, dass er zum Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper ernannt wurde. Der Vorschlag dazu erfolgte noch vor Ausbruch seiner Erkrankung. Die Verleihung sollte zuerst im Mai und dann im September 2016 nach einer Turandot-Vorstellung erfolgen. Dieser Tag war ihm nicht mehr vergönnt. Im November 2015, unmittelbar nach seiner Rückkehr aus New York, wo er noch einmal unter James Levines Leitung im Tannhäuser brillierte, brach die Krankheit aus. Er sang noch unter Schmerzen einen konzertanten 1. Akt Walküre in München – dann musste er ins Spital.

 

Vom ersten Tag der Diagnose an gab es für ihn keinen anderen Gedanken als die möglichst schnelle Rückkehr auf die Bühne. Tatsächlich stand er – nach unsäglichem Leiden – im Juni zuerst in Budapest als Siegmund, danach noch zwei mal als Calaf bei den Münchner Opernfestspielen auf der Bühne. Für jeden, der eine dieser Vorstellungen erlebt hat, wird sie unvergesslich bleiben. Johan Botha agierte voll auf der Höhe seiner Kunst – im wahrsten Sinne unvergleichlich. Im Sommer reiste er nochmals nach Südafrika; eine letzte Begegnung mit seinen alten Eltern und ein letztes Benefizkonzert in Kapstadt – dann brach die Erkrankung wieder aus. Diesmal hatte er keine Chance mehr.

 

Mit Johan Botha verliert die Opernwelt eine der bedeutendsten Stimmen unserer Epoche. Als er Anfang der 90er Jahre auftauchte, setzte er mit praktisch jeder Rolle, die er neu in sein Repertoire aufnahm, Maßstäbe. Johan Botha war es nie genug, Talent und Stimme zu haben. Singen war buchstäblich sein Leben – die tägliche Arbeit an seinen Gaben eine Selbstverständlichkeit. Egal ob Rollendebüt oder sechzigste Vorstellung: jedem Auftritt ging genaueste Vorbereitung voraus; Stunden bevor der Vorhang aufging war er bereits, meist mit seiner treuen künstlerischen Begleiterin Brenda Rein, im Opernhaus. Routine kannte er nicht. Jede Vorstellung war für ihn eine Premiere. Die Verpflichtung gegenüber seiner Kunst und dem Publikum gegenüber prägte sein Wesen und sein Denken. Bevor er schwer erkrankte, hatte er wesentlich mehr Vorstellungen von Kollegen – oft im letzten Moment – übernommen, als er selbst je absagen musste.

 

Die meisten der Rollen, die er sich gewünscht hatte, konnte er auf der Bühne verwirklichen; lediglich der Tristan, an dem er bis zuletzt arbeitete und der Peter Grimes blieben unerfüllte Träume.

 

Johan Botha war ein gläubiger Mensch -  die Familie und besonders seine Frau und seine beiden Söhne bildeten sein Lebenszentrum.

 

Er war, das darf man ohne Übertreibung sagen  - und jeder der ihm begegnete wird das bestätigen  - einer der ehrlichsten Künstler, die dieses Metier heute noch hatte. Nicht nur die unbedingte und 100%ige Zuwendung zu seinem Beruf, hinter der alles zurücktreten musste, zeichnete ihn aus, sondern auch Ernsthaftigkeit in der Auseinandersetzung mit den großen Meisterwerken, die er verkörpern durfte, und ständige selbstkritische Auseinandersetzung mit seiner eigenen Kunst. Neid war ihm im wahrsten Sinn des Wortes fremd. Wenn er über Kollegen sprach, dann nur mit Bewunderung. Ein junger Kollege, der um Rat bat, wurde nie abgewiesen – wie heftig sein Zeitplan auch gerade war. Seine Großzügigkeit war legendär. Er konnte alles geben und mehr - oft musste man ihn in seiner Hilfsbereitschaft vor sich selbst schützen - wenn er zum Beispiel Benefizauftritte zusagen wollte an Tagen wo er selbst Vorstellung hatte. Aber so war er - er wollte immer helfen.

 

Wenn es am Ende erlaubt ist: ich verliere mit Johan Botha nicht zuerst den unersetzlichen Künstler, nicht einen Geschäftspartner sondern zuerst und vor allem den Menschen – ja und ganz zuletzt darf man es auch offen sagen, obwohl es in unserem Metier so schwierig und selten ist – einen Freund.

 

Seit dem Tag vor fast genau 23 Jahren, als er mir (durch seinen lebenslänglichen Bühnenpartner Falk Struckmann vermittelt) die Geschicke seines künstlerischen Lebensweges anvertraut hatte, waren wir verbunden und diese Verbindung wird für mich auch mit seinem Ableben nicht beendet sein.

 

Die wenigen die ihn WIRKLICH kannten, wissen wovon ich hier spreche.

Seinesgleichen werden wir nie wieder hören.

Michael Lewin

 

 

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JOHAN BOTHA HAS DIED

 

This morning Johan Botha lost his battle against a severe illness.

 

For 23 years we have worked together with Johan Botha. His death not only means the loss of an irreplacebale artist but more importantly the indescribable loss of a great person.

 

Elisabetta and Wolfgang Hartl, Judith Seidl, Gabriele Trombitas, Benno Schaller and Raphaela Hödl in the name of all artists and employees.

 

 

Michael Lewin’s obituary for Johan Botha:

 

He studied singing in his beloved country of birth South Africa and through the help of Norbert Balatsch, the former choirmaster of the Vienna State Opera and the festival in Bayreuth, he took the chance to come to Europe, where his career started in 1990 as Gustavo in Verdi’s Un Ballo in Maschera on the stage of the opera in Kaiserslautern. His path then led via Hagen to Bonn. In 1993 he took over on short notice the premiere of Madame Butterfly at the Opéra Bastille, which resulted in his immediate international breakthrough. In the same year he made his debut at the Komische Oper in Berlin, in 1994 at the State Opera in Berlin and in Vienna – first as Rodolfo in La Bohéme at the Wiener Volksoper (to which he kept a close relationship with several important new productions throughout Klaus Bachler’s term of office), in 1995 at the Royal Opera House Covent Garden (Cavaradossi), in 1996 at the Teatro alla Scala (Pinkerton) and at the Vienna State Opera (Cavaradossi), in 1997 at the Metropolitan Opera New York (Canio).

Up to the untimely end of his career Johan Botha performed regularly in all major opera houses, concert halls and festivals in the world and worked with all important conductors of our time: Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Pierre Boulez, Semyon Bychkov, Riccardo Chailly,  Christoph von Dohnányi, Bertrand de Billy,  Daniele Gatti, Philippe Jordan, James Levine, Fabio Luisi, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Seiji Ozawa, Kirill Petrenko, Antonio Pappano, Giuseppe Sinopoli, Georg Solti, Christian Thielemann, Sebastian Weigle, Franz Welser-Möst, Simone Young and others.

 

With some of them he shared an ongoing work relationship, which lasted throughout his entire career, for example with Simone Young, with whom he made almost all of his big debuts in Vienna, New York and London, as well as with James Levine, Daniel Barenboim, Semyon Bychkov and Bertrand de Billy and in later years with Christian Thielemann and Kirill Petrenko.

 

Amongst the many distinguished directors he has worked with, he had an especially close relationship to Christine Mielitz.

 

Although he always strived to perform on all major stages regularly, his connection to the Metropolitan Opera New York was particularly important, most notably because of his close connection to James Levine.

 

Nevertheless, the Vienna State Opera was undoubtedly his artistic home. He was one of the pillars of the theatre during Ioan Holender’s term of office. He sang no less than eight new productions: I Vespri Siciliani (1998), Die Frau ohne Schatten (1999), Parsifal (2004), Daphne (2004), Lohengrin (2005), Otello (2006), Die Walküre (2007) and Tannhäuser (2010). With the exception of Lohengrin, all of them were role debuts.

Furthermore he performed the following roles in Vienna between 1996 and 2015: Cavaradossi (debut on February 20th, 1996), Radames, Andrea Chénier, Turiddu and Canio, Erik, Walther von Stolzing, Don Carlo, Florestan and Calaf. He was a surprise guest twice: Once during a New Year’s eve performance of Die Fledermaus (2007) and as Sänger in Der Rosenkavalier (2005).

Apart from his debut in La Bohéme he sang new productions of Das Land des Lächelns (1996), Norma (1997) and Die Meistersinger von Nürnberg (1998) at the Wiener Volksoper.

He regularly performed at the Theater an der Wien (Ariadne auf Naxos) and the Wiener Musikverein and Wiener Konzerthaus as well.

 

He performed at the Gala concert on occasion oft he 50th anniversary of the reopening of the Vienna State Opera (November 5th, 2005) and at the farewell concert for Ioan Holender in June 2010. In addition to that, he took part in two memorial concerts for Gustav Mahler (in 1998 and 2000) under the batons of Giuseppe Sinopoli and Lorin Maazel.

He performed at the Vienna State Opera more than 220 times. In 1993 he obtained, together with his family, the Austrian Citizenship and was the youngest Austrian singer to receive the title of Kammersänger in 2003. In the spring of 2016, during his stay at the hospital, he was informed that he has been appointed as Ehrenmitglied of the Vienna State Opera, which had been proposed before the outbreak of his illness. The official awarding celebration was first scheduled for May and then for September after one of his Turandot performances. Unfortunately, this day was not granted him. In November of 2015, immediately after his return from New York where he performed Tannhäuser under the baton of James Levine, he was confronted with his illness for the first time. While in pain, he sang the first Act of Die Walküre in a concert version in Munich just to be taken to the hospital a few days later.

 

From the first day of his diagnosis on the only thing he could think and talk about was his return to the stage. After much suffering he did indeed return to the stage, first in June as Siegmund in Budapest and then twice as Calaf at the Münchner Opernfestspiele. Anybody who was witness to any of these performances will remember them forever. Johan Botha performed at the height of his art – truly incomparable. During the summer, he traveled one last time to South Africa to see his parents and to sing one more charity concert in Cape Town, after which the illness returned. Sadly, this time he had no chance to win the battle.

 

The opera world loses one of the most significant voices of our time with the passing of Johan Botha. When he first appeared in the 90s he set a new standard with basically every role he added to his repertoire. It was never enough for him to be blessed with talent and a voice. Singing was his life, the daily work on his gifts was a given.  It didn’t matter whether it was a role debut or the 60th performance, every performance was carefully prepared; he arrived hours before the curtain lifted at the theatre, most of the time accompanied by his loyal artistic companion Brenda Rein. He didn’t know what the word routine meant. Every performance was a premiere for him. His commitment towards the art and the audience shaped his essence. Before he got ill, he took over significantly more performances of colleagues than he had cancelled himself.

He was able to sing most of the roles he had wanted to sing, merely Tristan, which he was working on until recently and Peter Grimes remain unfulfilled dreams.

 

Johan Botha was a devout man – his family and especially his wife where the center of his life.

 

He was, without exaggeration, one of the most honest artists in this métier and everybody who has met him can attest to that. He was characterized not only by his unconditional commitment to his profession but also by the seriousness with which he analyzed the great masterpieces and by the constant self-critical analysis of his art. Envy was an alien concept to him. Whenever he talked about his colleagues, he talked of them with admiration. He never rejected young colleagues who asked for his advice, no matter how busy his schedule was.

 

If I may, I want to say this at the end: With Johan Botha I’m not losing an irreplaceable artist or a business partner but first and foremost I’m losing a friend.

Since the day that I was entrusted to guide him on his artistic path 23 years ago (which was mediated by his life long stage partner Falk Struckmann) we shared a close connection, a connection that will continue for me beyond his death.

 

The few people who REALLY knew him know what I’m talking about.

He truly was one of a kind.

Michael Lewin